Das Rock Hard-Tourtagebuch 1999 (Teil 2)
4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!
23.09.99, Köln/ Live Music Hall
Nachdem wir im vergangenen Jahr noch im Underground gleich hier um die Ecke gespielt haben, wollten wir uns in diesem Jahr an eine größere Halle heran wagen. Über 1100 Leute wollten In Extremo sehen, für Micha wie auch für Substyle war es fast ein Heimspiel. Dabei waren wir uns bis kurz vor Beginn des Konzertes noch gar nicht einmal sicher, ob wir überhaupt auftreten würden – Michas Medizinkoffer nimmt nämlich immer bedrohlichere Ausmaße an.
Substyle liefen zu Höchstform auf, ihre Show wird von Tag zu Tag besser! Wenn die das Tempo weiter so halten können wird ein amtlicher Plattendeal wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen – verdient hätten sie es ohnehin.
Unser Konzert begannen wir wie fast immer mit den „Merseburger Zaubersprüchen“. Für Micha ist gerade diese Nummer allerdings relativ schwer zu singen. Nachdem ihm in der ersten Strophe die Luft weg blieb, rutschte uns allen das Herz in die Hose. Das Kölner Publikum schien ihn jedoch zum Weitermachen zu animieren. Der Verdienstorden geht deshalb heute eindeutig an das Einhorn.
Für all diejenigen, die uns immer wieder nach der Setlist des Programms fragen, möchte ich sie heute mal veröffentlichen. Also: „Merseburger Zaubersprüche“/ „Ich kenne alles“/ „Herr Mannelig“/ „Weiberfell“/ „Ai Vis Lo Lop“/ „Rotes Haar“/ „Santa Maria“/ „Mariä Virgin“/ „De Lyster“ („Villemann Og Magnhild“)/ „Werd ich am Galgen hochgezogen“/ „Neva Ceng I Harbe“/ „Vänner Och Frände“/ „Palästinalied“/ „Am Galgen“/ „This Corrosion“/ „In Extremo“.
Hin und wieder werden wir den einen oder anderen Song natürlich austauschen.
Schlag Mitternacht wurde Die Lutter mal wieder ein Jahr älter und ist so langsam dabei, Motörhead-Lemmy einzuholen. Für alle, die es dennoch interessiert: 29e!!! Das Altersheim lässt grüßen. Ich werde mich demnächst mal nach einem ordentlichen Job umsehen, „Die Lutter: Essen auf Rädern!“ scheint eine Marktlücke zu sein. Vielen Dank an meinen Freund Tropi von „esh“ für den neuen Bass- ein wirklich abgefahrenes Teil mein Lieber – und an unseren Fanclub für den wunderbaren Kuchen. Leider hat mir die Band alles weggefressen… Bis morgen, Die Lutter
24.9.99, Magdeburg/ AMO
Das letzte „Feuertanzfestival“ in der Besetzung Inchtabokatables, Subway To Sally und In Extremo. Das AMO-Kulturhaus war mit 2000 Zuschauern bereits im Vorfeld ausverkauft und das ließ gute Stimmung bei allen Beteiligten aufkommen. Zunächst jedenfalls.
Soundcheckzeiten und -pläne sind bei Konzerten in dieser Größenordnung schon von vornherein Makulatur, besonders da alle auftretenden Bands über relativ aufwendige Bühnenaufbauten verfügen. Jeder hat hier natürlich, bei aller Freundschaft, das Interesse, möglichst das Maximum für die eigene Band herauszuholen. Und auch bei den Crews rangieren Festivals dieser Art deshalb natürlich nicht besonders weit oben in der Beliebtheitsskala. Oftmals liegen die Nerven dann einfach blank! Für das Publikum stellt sich das dann jedoch hoffentlich völlig anders dar…
Nach einer Supportband eröffnete dieses Mal Subway To Sally das Festival. Das dürfte auch für sie eine relativ ungewohnte Situation gewesen sein. Aber bei uns wird die Reihenfolge der Bands fairerweise ausgewürfelt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Subway To Sallys Set leider schlafenderweise im Nightliner verpasst habe. Doch dafür konnte ich mir das Konzert der Inchtabokatables antun, Robert ist für mich nach wie vor einer der beeindruckendsten Frontmänner überhaupt!
Im Anschluss, so gegen Mitternacht, waren In Extremo dann an der Reihe. Wie jede Band so mussten wir für dieses Festival unser Programm etwas umstellen, da sich alle Beteiligten auf etwa eine Stunde Spielzeit geeinigt haben. Für „This Corrosion“, unserer Coverversion von den Sisters Of Mercy standen Subway´s Frontmann Erik und Robert von den Inchtabokatables mit auf der Bühne. Erik, nicht mehr der Frischeste zu diesem späten Zeitpunkt, verabschiedete sich mit einem beachtenswerten Rückwärtssalto über die Monitorboxen vom Publikum und ging nach einer weiteren artistischen Einlage vor unserem Gitarristen in die Knie! Alle Achtung! Die Begeisterung bei Ingo Hampff, dem Subway-Gitarristen hielt sich dank dieser Einlage jedoch in Grenzen.
Leider war der Sound in der AMO-Halle am Rande des Erträglichen. Das hatte ich schon beim Soundcheck befürchtet, für unseren Soundkünstler Tino blieb da auch nicht mehr viel herauszuholen.
Die näheren Umstände des Abends sicherten Thomas dem Münzer, Michi Michi Wegewitzi und mir endlich ein Hotelbett, dessen Länge auch einmal über die 1,70 m des Nightliners hinausging. Morgen geht es dann mit dem Zug hinterher, aber das nimmt man ja gern in Kauf! Bis morgen, wie immer unausgeschlafen und bartstoppelig, Die Lutter
25.9.99, Glauchau/ Alte Spinnerei
Heute ging es nach Glauchau in Sachsen, wie bereits gestern schon angedeutet, per Zug. Die Odyssee begann bereits am Magdeburger Hauptbahnhof, mit der angekündigten einstündigen Verspätung (selbstredend schon des ersten Zuges) lösten sich sämtliche in Frage kommenden Verbindungsmöglichkeiten auf einen Schlag in Luft auf. Die Zuverlässigkeit der Bundesbahn scheint sich zunehmend an der Hilflosigkeit der Deutschen Reichsbahn zu orientieren. Da stehe ich dann lieber 4 Stunden auf der A9 im Stau. Und Sachsen-Anhalt ist (zumal bei Nieselregen) auch nicht gerade das Bundesland, in dem man gern aus dem Fenster guckt. „Blühende Landschaften“ wohin man blickt!
In Extremo sind inzwischen bereits das 3. Mal in der Alten Spinnerei in Glauchau zu Gast, die Bühne dort scheint aber von Mal zu Mal kleiner zu werden. Empfangen wurden wir von unserem Hofer Raubritter mit 2 gepflegten Kästen „Raubritter Dunkel“ – das ist nicht nur super lecker, sondern auch eine schnelle Alternative, sich höchst selbst das Licht auszuknipsen.
Die Luftverhältnisse in der Alten Spinnerei (einem ansonsten recht schönen Saal) stellten jedoch alles in den Schatten, was wir bisher erlebt hatten. Das Publikum und die Band kämpften verzweifelt um die restlichen 10% Sauerstoff in der Halle – ebenso wie Axel Schulz, den man im Fernsehen auf der gegenüberliegenden Seite der Bühne während des Konzertes hilflos zu Boden gehen sah. Rein sportlich hatte dieses Wochenende für uns sowieso eine Menge zu bieten, Freunde: Hertha BSC Berlin erkämpfte sich ein grandioses Unentschieden gegen den Titelanwärter aus Unterhaching, Hansa Rostock humpelte mit 9 Mann vom Feld – da lässt einzig Union Berlin noch hoffen!
Doch zurück zum Thema: Dr. Pymonte bot dem Veranstalter, im Hinblick auf eine vielleicht irgendwann mal nötige Klimaanlage und das Nichtfunktionieren des Wassers im Backstage, eine Frisur nach Art des Hauses (Mecklenburg-Vorpommern) an. Zum Schluss des Konzertes gab auch der Bass-Amp seinen Geist auf. Liebe Firma Ampeg! Eure Verstärker funktionieren nicht unter Wasser! Das Publikum war da heute eindeutig widerstandsfähiger.
Zum Schluss möchte ich mich besonders bei den Damen für die immer merkwürdiger gewordenen Geburtstagsgeschenke bedanken! Ich weiß, ihr leidet mit mir! So, das soll für heute genug sein, In Extremo freut sich nun auf 600 km Tiefschlaf nach Konstanz. Bis dahin, viele Grüße, Die Lutter
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